Leben mit Alpha-Mannosidose

Wie alle Kinder, machen auch von der Alpha-Mannosidose betroffene Kinder mit dem Besuch der Kita oder der Schule ihre ersten Schritte in ein eigenes Leben. Eltern sollten das zulassen und es dabei positiv unterstützen. Gerade sie können dem Kind das geben, was es braucht: das Vertrauen in sich selbst. Die Wahl der richtigen Kita oder Schule ergibt sich entsprechend der Ausprägung der Alpha-Mannosidose. Eltern sollten darüber mit der Ärztin oder dem Arzt sprechen. Auch sollten sie die Erzieher*innen und Lehrer*innen frühzeitig über die Erkrankung des Kindes informieren. Hier können sie die besonderen Bedürfnisse des Kindes offenlegen. Den pädagogischen Umgang mit der Situation und den Blick auf die Entwicklung des Kindes können sie aber den Expert*innen überlassen.

Regelmäßiger Austausch ist gerade zu Beginn sinnvoll, aber es hilft, allen die nötige Freiheit zu geben, die Situation wachsen zu lassen. Eltern können es zulassen, dass sich Ihr Kind in sich und seiner neuen Umgebung entwickelt und für die nötige elterliche Verantwortung und Unterstützung sorgen. Auch der Austausch mit anderen Eltern kann helfen, dass aus dem neuen Miteinander auch ein Füreinander werden kann. Ziel sollte ein unbeschwertes Aufwachsen sein, das die Basis eines selbstbestimmten Lebens ausmacht.

Das Leben mit der Krankheit hat Betroffene bisher vor Aufgaben gestellt, die sie entsprechend gemeistert haben und daran gewachsen sind. Mit der Pubertät kommt nun ein Übergang auf das Kind zu, den wir alle kennen: emotionales Chaos, Launen, Pickel, die Suche nach dem Platz in der Welt, Abgrenzung von den Eltern, etc. Gerade jetzt wird dem Kind klar, dass es sich von anderen unterscheidet.

Was für alle Eltern mit heranwachsenden Kindern gilt, gilt für Eltern betroffener Kinder hier mehr als sonst. Sie sind die Reibefläche, die es braucht, dass Kinder daran ihren Platz im Leben finden. Dabei ist nichts persönlich gemeint. Es geht nie gegen die Eltern als Menschen, sondern sie sind bei Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen meist nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn es bei solchen Situationen gelingt den berühmten Schritt zurückzugehen, sich zurückzunehmen, ist schon etwas gewonnen. Ein zugewandtes, liebevolles darüber Reden zu einem späteren Zeitpunkt zeigt Wertschätzung, und schützt die eigenen Gefühle. Auch der Blick zurück auf den gemeinsamen Weg bis hier her, kann Kraft geben für den weiteren Weg nach vorne. Eltern können hier noch mehr zuhören als sonst und Orientierung bieten, wenn sie gefragt werden. Die neuen Perspektiven der Kinder helfen dabei auch den eigenen Blick zu verändern bzw. zu erweitern.

Hier hilft die Möglichkeit, sich mit anderen betroffenen Kindern auszutauschen. Dafür finden jährliche Patienten- und Familienkonferenzen statt, die dabei helfen, das Selbstbewusstsein zu entwickeln und man sieht, dass man nicht allein ist. Je nach Ausprägung der Krankheit und Alter gibt es hier meist zwei Veranstaltungen im Jahr.

Familienplanung

Falls es wahrscheinlich ist, ein Kind mit Alpha-Mannosidose zu bekommen, ist die Familienplanung komplex, aber als bewusste Entscheidung möglich. Zunächst empfiehlt sich ein persönliches Gespräch mit einem/r Humangenetiker*in, einem Arzt, einer Ärztin oder einem/r psychosozialen/psychologischen Berater*in. Da Alpha-Mannosidose autosomal rezessiv vererbt wird, hat jedes Geschwisterkind eine 25 %-Chance, ebenfalls an Alpha-Mannosidose zu erkranken. Es hat eine 50%-Chance, das defekte Gen in sich zu tragen, ohne Symptome zu zeigen (asymptomatisch) und eine 25%-Chance, weder betroffen noch ein/e Träger*in der Mutation zu sein. Mit der nötigen Reflektion und auch durch Austausch, z.B. mit Selbsthilfegruppen, ist die Entscheidung für ein Kind, die Entscheidung für ein lebenswertes Leben möglich, mit allen Konsequenzen. Denn jedes Kind ist besonders, ob gesund oder mit einer seltenen Krankheit.

Wie sage ich es meinem Kind

Eltern wissen, wie es sich angefühlt hat, die Diagnose Alpha-Mannosidose zu erhalten. Auch wenn es vielleicht zunächst ein Schock war und man als Eltern zunächst seine Kinder schützen möchte, sollten sie mit ihrem Kind über die Krankheit sprechen. Kinder bekommen mehr mit als wir denken, sie spüren meist schon sehr früh, dass sie anders sind. Eine offene, altersgerechte Vermittlung ist hier entscheidend und vor allem das Gefühl zu vermitteln, durchaus ein glückliches Leben "leben" zu können.

Geschwisterkinder

Alpha-Mannosidose betrifft nicht nur das erkrankte Kind, sondern die gesamte Familie. Für Geschwisterkinder ergeben sich aus dieser meist höheren Belastung auch große Chancen. Eltern können deren persönliche Entwicklung positiv unterstützen und sie je nach Alter an den ganz praktischen, aber auch philosophischen Fragen, die mit Alpha-Mannosidose und dem Leben damit zusammenhängen, wachsen lassen.